In seiner jüngsten Werkgruppe arbeitet Karsten Enderlein Portraits.

Allerdings Portraitbilder, auf denen keine Menschen zu sehen sind, so wie er das in seinen Landschafts- und Architekturaufnahmen seit Jahren vollzieht – Enderlein zeigt uns lieber die Spuren, die wir Menschen hinterlassen. „Menschen in Bildern lenken häufig unwillkürlich die größte Aufmerksamkeit auf sich“ wie Enderlein betont, und das vernachlässige die Konzentration auf eine Bildkomposition, mit der er uns etwas anderes sagen möchte, als mögliche Aussagen über das Aussehen von Menschen zu machen. So wie in seinen menschenleeren SEETUECKEN zum Beispiel, in denen er auf einen „Zwischenraum“ aufmerksam machen möchte, in dem „der Mensch seine Melancholie verliert, wenn er das Meer und den Strand für seine Zwecke auf irgendeine Weise zu nutzen versucht.“ Dort geht es also um das, was Menschen verändern, um ihren unmittelbaren Einfluss auf die Gestalt des geographischen Raumes. Das wiederum verändert auch den Menschen.

In seinen PHANTOMBILDERN geht es Enderlein um Menschen. Menschen aus seinem persönlichen Umfeld, die er auf eine abstrakte Weise portraitiert. Er begegnet diesen Menschen in Räumen, in denen sie zuhause sind. Die Gegenstände in diesen intimsten Räumen zeugen von den Beziehungen der Bewohner zu ihrer Kultur, zu ihrer Bildung, zu ihrer Arbeit wie auch zu ihren Vorlieben und ihren Abneigungen. Enderlein sieht die Spuren, die diese Menschen in ihrer Umgebung hinterlassen. Auf diese Weise sieht er mehr von ihrer Persönlichkeit als ihr Konterfei verraten könnte. Seine PHANTOMBILDER sind Bilder, die Persönlichkeiten beschreiben und die auch ein Abbild geben, in welcher subjektiven Beziehung er als Autor der Fotografien zu diesen Personen steht.

Wir erfahren aus den Bildtiteln zunächst nicht mehr als den Namen und
das Geburtsjahr der Protagonisten. Beim Betrachten der Bilddetails
öffnet sich uns aber eine Vielfalt von Interpretationsmöglichkeiten, die
aus unseren Fantasien, gepaart mit unseren Erfahrungen von persönlichen
Begegnungen mit Menschen, genährt werden. Und so gelingt es dem
Betrachter bei aller Voreingenommenheit des Autors durchaus, sich ein
eigenes Bild von zum Beispiel CHRISTIANE zu machen, die er als
modebewusste, mäßig extrovertierte, ordentliche und selbstbewusste
Persönlichkeit identifizieren kann.

Enderlein ist bei einigen seiner Motive näher an der Persönlichkeit
eines abgebildeten, als das ein Konterfei dieser Person zulassen würde.
Trotzdem überschreitet er keine Grenzen zur Intimität. Wenn Enderlein
sagt, dass „100 Aktfotos von Picasso niemals so viel über dessen
Persönlichkeit verraten hätten, wie eine einzige Innenaufnahmen seines
Kleiderschranks“, verstehen wir, was er mit seinen PHANTOMBILDERN
auszudrücken vermag.

gute Fotos, ein Buch wäre eine gute Idee! Karl
LikeLike