Im Sanatorium des Klosters Saint-Paul-de-Mausole in Saint-Rémy-de-Provence wurde Vincent van Gogh von Mai 1889 bis Mai 1890 psychiatrisch behandelt.




Der Text zum Thema ist aus dem informativen Buch „Der große VAN GOGH Atlas“ aus dem SIEVEKING VERLAG, 2017
DIE HEIL- UND PFLEGEANSTALT Die Heil- und Pflegeanstalt lag ungefähr anderthalb Kilometer südlich der Stadt Saint-Remy. Sie bestand aus einem Gebäudekomplex, der den Namen Saint-Paul-de-Mausole trug: ein ehemaliges Kloster. Ein idealer Ort also für ein „privates Institut zur Behandlung von Geisteskranken beiderlei Geschlechts“, wie es in einer Anzeige hieß. Der behandelnde Arzt war der Ansicht, dass „Herr van Gogh unter Epilepsieanfällen litt, die mitlängeren Zwischenpausen auftreten“. Deshalb sei es besser, dass er unter Aufsicht gestellt werde. Bereits einen Tag, nachdem er in der Pflegeanstalt angekommen war, schrieb Vincent seinem frisch verheirateten Bruder, dass die Entscheidung, nach Saint-Remy zu gehen, richtig gewesen sei. Er nannte die Anstalt zwar „einen Zoo“, erkannte aber auch, dass die Patienten dort in guten Händen waren. „Obwohl einige hier ernsthaft krank sind, erregt der Wahnsinn in mir inzwischen‘ nicht mehr so viel Angst und Abscheu wie früher“, erklärte er. Er stellte fest, dass „Geisteskrankheit“ eine Krankheit wie jede andere sei, und fürchte sich nun weniger vor der eigenen Situation. Die neue Umgebung werde ihm guttun.






VINCENTS ZIMMER Im ersten Stock im Männertrakt der Anstalt hatte Vincent ein eigenes kleines Zimmer. Es hatte eine „graugrüne Tapete und zwei wassergrüne Vorhänge mit einem Aufdruck aus sehr blassen Rosen, die mit feinen blutroten Linien verlebendigt wurden. […] Durch das vergitterte Fenster blicke ich auf ein ummauertes Kornfeld […], über dem morgens die Sonne in ihrer ganzen Pracht aufgeht. Außerdem habe ich – weil hier mehr als 30 Zimmer nicht belegt sind – ein Extrazimmer, wo ich arbeite.“ Dieses Extrazimmer lag in einem anderen Flügel des Gebäudes und hatte Ausblick auf den Anstaltsgarten.


DIE BÄDER FÜR DIE HYDROTHERAPIE „Ich nehme jetzt zweimal pro Woche ein Bad und bleibe für zwei Stunden, darinsitzen.“, schrieb Vincent an Theo. Die Bäder waren Teil seiner Behandlung, deren offizieller Name „Hydrotherapie“ lautete. Im 19. Jahrhundert war dies eine übliche Behandlungsmethode für psychiatrische Patienten. Man war der Ansicht, dass die Bäder eine beruhigende Wirkung ausübten. Meistens wurden Wechselbäder verabreicht, das heißt, die Patienten saßen abwechselnd im heißen oder kalten Wasser oder wurden nach einem heißen Bad kalt abgeduscht. Bei Vincent schien die Behandlung anzuschlagen, doch hatte sie nicht bei jedem den erwünschten Erfolg, Wie aus seinen Worten über einen über einen neuen Patienten zu schließen ist: „Er ist jetzt kaum ruhiger geworden, obwohl er den ganzen Tag im Bad gesessen hat.“

DER VERLASSENE STEINBRUCH Etwas länger als zwei Monate nach seiner Aufnahme in die Anstalt war es wieder so weit. An einem stürmischen Tag stand Vincent van Gogh am Eingang des verlassenen Steinbruchs bei den Alpilles und malte. Inmitten dieser rauen und wilden Umgebung wurde er plötzlich vom Gefühl tiefster Einsamkeit erfasst und spürte, dass sich ein Anfall ankündigte. Er beendete das Bild aber trotzdem.



VOLLKOMMEN VERWIRRT Zurück in der Anstalt, war er furchtbar verwirrt, und es wurde immer schlimmer. Er aß nicht nur Schmutz vom Boden, sondern auch Paraffin. Er hatte es dem Jungen aus den Händen gerissen, der die Lampen mit dem Brennstoff füllen musste. Weil Vincent aber auch Ölfarbe aß und Terpentin trank, durfte er nicht mehr malen, obwohl er behauptete, dass er das un bedingt müsse, um wieder gesund zu werden. Einen Monat lang verließ er nicht sein Zimmer. Schließlich wurde ihm wieder erlaubt zu malen, doch sollte es noch eine ganze Weile dauern, bis er sich wieder vorsichtig hinauswagte.


Alle Fotografien: © 2024 mARTina (1) + Karsten Enderlein (17)